Samstag, September 25, 2004

Frnakriceh

Was einen sehr wundern sollte, wenn man durch Frankreich reist - dass man sich dort tatsächlich auch in anderen Sprachen als Französisch verständigen kann. Vielmehr sogar, dass die Einheimischen nämlich, wir nennen sie ja im allgemeinen Franzosen, einen Fremden, der herumirrend um Hilfe sucht, mit einem freundlichen Lächeln fragen, was denn das Problem sei und do you need some help? QUI, YES, JA! Hilfe, äh help, yeah!
Nahezu unglaublich, aber man kann heutzutage mit geringsten bis gar keinen Französischkenntnissen in der Grand Nation überleben.
Frankreich ist also im Zeitalter der Globalisierung, äh ich meine mondelisation, angekommen. Und ich bin sehr dankbar darüber.

Würde ich meinen Text nun an dieser Stelle abrechen oder auf diese Weise fortfahren, gehörte ich wohl zu diesen klassischen ich-liebe-Frankreich-wegen-der-Kultur-dem-Wein-der-Sonne-und-überhaupt-Leuten. Als zukünftiger Lehrer wäre das ja auch nicht so falsch. Nach der Verbeamtung kommt ja schließlich das Eigenheim, der Familienwagen, dann die zwei Kinder und schließlich der Urlaub an den französischen Küsten.
Aber ist Frankreich, ganz Frankreich, tatsächlich im heutigen Zeitalter angekommen? Nein, eine kleine Gruppe von Jugendherbergen im Süden Galliens leistet erbitterten Widerstand gegen Komfort, Kundenorientierung (also Freundlichkeit), Hygiene und ernährungsbewusste Verpflegung.
Im Osten Europas kann man solche Zustände wenigstens immer noch auf 40 Jahre Sozialismus schieben, aber in Frankreich? Ist Intimsphäre kein Menschrecht? Riefen die Revolutionäre damals nicht libertè, egalité, fraternité und intimité (also Türen für alle Toiletten und Duschen)? Ist l´eau tatsächlich nur zum Trinken da? Man darf es tatsächlich nicht zur Reinigung diverser Toiletten- und Waschbereiche nutzen?
Es überkommt einen der Eindruck, dass die Revolution damals nicht nur ihre Kinder, sondern auch das gesamte Putzpersonal mitgefressen hat.
Wenigstens sind die Preise für den Service im Jahre 3 nach dem Euro angekommen. Sonst wär ja auch gar nichts wie zu Hause, wenn man nicht mal über die Preise motzen könnte.
Aber motzen bringt einen bekanntlich nicht weiter.
Wie bitte?! Motzen bringt einen nicht weiter, fragt ihr.
Oh, verzeiht, ich habe vergessen, dass ich wieder in Deutschland bin und man hier das Motzen sozusagen in die Wiege gelegt bekommen hat. Oder etwa nicht? Das erste was deutsche Babys von sich geben ist ja schließlich ein Schrei. Eine Beschwerde. Sie motzen kaum das sie atmen können. Dennoch, Motzen bringt einen nicht weiter! Was wiederum das Baby beweist, denn egal wie viel es schreit, man steckt es nicht mehr dahin zurück, wo es her kam.
In französischen Jugendherbergen hilft es also auch nicht und daher sollte man sich, wenn man sich schon im Hygienezustand des 18. Jahrhunderts befindet, die Prinzipien der Revolution zu eigen machen.
1. Liberté: Freiheit. Jede Nacht geht einmal zu Ende und dann kann man schließlich wieder sein Zeug packen – und raus. In die nächste Herberge, die dann sicher besser sein wird. Hoffentlich.

2. Egalité: Gleichheit. Allen geht es hier gleich schlecht. Auch den französischen Gästen. Hey, aber denen fällt das gar nicht auf mit der Hygiene. Na dann ist es auch egal-ite.

3. Fraternité: Brüderlichkeit. Was man hat, soll man brüderlich teilen. Im Allgemeinen ist dieser Satz ja ein Widerspruch in sich, wenn man davon ausgeht, dass brüderlich teilen, fair teilen, gerecht teilen bedeuten soll. Wer ist mit einem Bruder aufgewachsen? Na also!

Brüderlichkeit in Jugendherbergen heißt also: alles für mich und zwar so schnell als möglich, am besten sofort.
Ziel ist es das Preisleistungsverhältnis wiederherzustellen. Wenn man also schon viel zu viel für viel zu schlechtes bezahlen muss, dann will man wenigstens viel von dem Schlechten abbekommen, in der Hoffnung, dass somit alles vielleicht ein bisschen besser wird.
Konkretes Beispiel: Die Höhe der Jugendherbergspreise lassen vermuten, dass man auf dem Toilette Klopapier vorfindet. Tut man aber nicht. Zum Glück bin ich vor einem halben Jahr von Stoff- auf Papiertaschentücher umgestiegen. Allerdings muss dieser Mangel an Service ausgeglichen werden, schließlich habe ich gezahlt und darum bleib ich länger auf dem Topf. Und zwar richtig lang. Mindestens so lange, bis ich das Geld wieder reingeholt hab. Die Übernachtung kostet 12 Euro irgendwas ohne Frühstück (und Klopapier). Studentische Hilfskräfte verdienen knapp 7 Euro die Stunde. Der Rest ist Kopfrechenarbeit und eine Frage des Sitzfleischs.
Die Schlange vor dem Klo, warum sollte so eine Unterkunft auch mehrere funktionierende WCs besitzen, wird länger und länger, die Leute lauter und lauter. Was aber ganz angenehm ist, denn man sitzt dann nicht mehr so alleine da und man kann nebenher auch noch französische und englische Fäkalausdrücke lernen. Wenn nicht auf dem Klo, wo sonst.
Es lebe die Brüderlichkeit!
A propos, wer hat denn eigentlich mal fest gelegt, dass Brüder mit Brüdern und Schwestern mit Schwestern in einem Massenlager zusammen die Nacht verbringen müssen. Wieso sind in unserem aufgeklärten Zeitalter die Schlafsäle immer noch nach Geschlechtern getrennt, vor allen Dingen in einem Land wie Frankreich, wo am Kiosk die neuesten Pornofilme beworben werden wie bei uns Eiscreme und Zigaretten? Warum trennt man in dieser Welt die Frauen von den Männern und nicht die Schnarcher von den Nicht- Schnarchern? Das würde mein Leben um vieles bereichern. Zu mindest um Schlaf.

Manchmal, wenn ich viel Zeit habe, z.b. auf französischen Jugendherbergstoiletten, denk ich mir, Mensch, jetzt wirste alt.
Ich will Papier auf m Klo. Keine aufgewärmten Pommes vom Vortag mit Ei als Abendessen serviert bekommen und dafür auch noch 8 Euro zahlen müssen. Nachts schlafen. Keine Visa-Karte besitzen müssen. Ach ja.., früher, da war alles.. .
Wieso die Visa-Karte?
Weil französische Jugendherbergen im Informationszeitalter angekommen sind. Altmodische Dinge, wie telefonische Reservierungen gibt es nicht mehr. Email? Veraltet. Wer in ein Zimmer möchte, brauch einen Internetanschluss, die Geheim-Website und eine gültige Visa-Karte. Nur dann kann man sich sicher sein, dass man auch eine Schlafmöglichkeit bekommt. Also fast sicher.
Allerdings frage ich mich, wie viel unter 25-jährige eine Visa-Karte besitzen. Vor allen Dingen, diese Karte mit auf den Rucksackreiseurlaub mitnehmen? Wahrscheinlich alle – außer mir.
Ich werde wohl doch alt...
Ah ja, per Fax geht auch noch. Man kann sich dann zu Hause also schon entscheiden, ob man lieber das Faxgerät oder den Schlafsack in die Reisetasche packt.

Urlaub in Frankreich ist eine schöne Sache. Da hat man Sonne und danach wenigstens auch was zu erzählen. Nicht so wie in den langweiligen deutschen Jugendherbergen, wo alles perfekt ist.
Äh, Moment mal, hab ich schon von dem Erlebnis in der Passauer Juhe erzählt?
Also,...


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