Freitag, Januar 13, 2006

wie versprochen...

...zwar etwas später als angekündigt, aber hier ist nun der zweiter Teil der Götz Geschichte.

Teil drei folgt nächste Woche.

...Punkt Allerherrgottsfrühe klingelte der Wecker. Götz sprang auf. Er brauchte sich nicht einmal anzuziehen, denn er war voll bekleidet ins Bett gegangen. Er ließ das Frühstück links und den Kaffee rechts liegen und machte sich auf dem schnellsten Weg in die Stadt. Er wollte ja immer noch wissen, wer der Anführer der Sekte war. Aber genauso unglücklich, wie der Verlust der vorletzten Seite im Krimi, verlief die Suche nach einem anderen Exemplar. Götz klapperte eine Buchhandlung nach der anderen ab. Jedoch erfolglos. Das Buch gab es nirgends mehr. Es war überall ausverkauft. Erschöpft ließ sich der Topflappen in einem Park auf einer Bank nieder. Er war verzweifelt. Wie sollte es mit ihm weitergehen? Konnte es jemals weitergehen? Nie wieder Krimis! Das war die Lösung. Nie wieder Bücher. Nur noch Fernsehen, da konnten wenigstens keine Seiten fehlen. Aber was, wenn der Strom mal ausfallen sollte oder das Gerät kaputt ginge? Ausgerechnet an der spannendsten Stelle? Nein. Götz könnte das nicht überleben. Also auch kein Fernsehen mehr. Kino sowieso nicht. Nichts! Während Götz Stück für Stück der Mediengesellschaft abschwor, setzte sich eine kleine bebrillte Schuhbürste neben ihn. Sie sah genauso aus, wie man sich diese kleinen Mädchen mit Brille vorstellt, die anscheinend keine Freunde haben, mit dem Hund reden und nur Bücher lesen. So eine Schuhbürste setzte sich also neben Götz, packte ihr Vesper aus und öffnete, na was, ja richtig, ein Buch: Ein Sachbuch natürlich. Als hätte man sich das nicht denken können. Die Bürste war wohl eine der Studentinnen der nahe gelegenen Hochschule und versuchte jetzt, ihre Mittagspause sinnvoll zu nutzen. Götz saß, tief in Gedanken versunken, auf der Bank und starrte ins Leere, in der Hoffnung, dort den Anführer der Sekte zu finden. Nachdem die Studentin eine Weile konzentriert gelesen hatte, schaute sie auf und betrachtete Götz verwundert. Er bewegte sich nicht, atmete kaum. Er saß nur da, war still und starrte ins Leere. Da warf die bebrillte Bürste einen Blick auf Götz` Krimi. „Das ist ein gutes Buch“, flüsterte sie so laut, wie es mit ihrer leisen Stimme eben ging. Götz blieb reglos. „Ich habe es auch selbst erst vor kurzem gelesen. Es ist wirklich gut. Wie weit sind Sie denn?“ Götz bewegte langsam sein linkes Augenlid, dann sein rechtes und hauchte geistesabwesend: „Auf der vorletzten Seite.“ „Oh!“, sagte die Studentenbürste, „dann wissen Sie ja noch gar nicht, wer der Anführer der Sekte ist.“ „Nein.“ „Das ist wirklich eine Riesenüberraschung. Da wär ich nie drauf gekommen. Aber was red ich. Sie wollen den Rest schließlich noch selber lesen. Dann gehe ich jetzt besser.“ Sie stand auf und ging. Götz versuchte krampfhaft aus seiner Starre auf zu wachen und der Studentin hinterher zu rennen. Aber er hatte sich so sehr in seine Gedanken vertieft, dass nun sein ganzer Körper steif, wie ein nasser Topflappen bei Frost war. Als er sich endlich wieder bewegen konnte, war die Studentin schon über alle Berge und Götz wusste immer noch nicht mehr. Mutlos nahm Götz seine Ausgabe des Krimis in die Hand und blätterte wahllos darin herum. Als er zum wiederholten Male die erste Seite aufschlug, blieb sein Blick an folgenden Zeilen hängen: 1. Auflage... Nachbarstadt... 2004... Zábudlivý Verlag... Zábu…dingsbums Verlag. Aber natürlich, der Verlag! Wenn die Buchhandlungen kein Exemplar mehr übrig hatten, dann aber dafür ganz sicher der Verlag. Schließlich verlegte der Verlag das Buch, das heißt, er versucht das Buch in so viel Buchhandlungen wie möglich zu legen, um es verkaufen zu lassen. Der Zábudlivý Verlag war in der Nachbarstadt. Kein Problem. Mit den Gelben Seiten würde Götz auch noch die genaue Adresse erfahren und dann, ja dann, wenn er mal im Büro des Cheflektors stehen würde, dann endlich würde er erfahren, wer der Anführer der Sekte war. Sofort machte sich der Topflappen auf, um am Bahnhof eine Fahrkarte zu lösen und den nächsten Zug in die Nachbarstadt zu nehmen. „Es tut uns leid, wir können Ihnen auch nicht helfen!“, sagte der Cheflektor, ein kleiner, dicker Bücherwurm mit traurigen Augen. „In fast allen Ausgaben fehlt die vorletzte Seite. Und wir wissen auch nicht, wer der Anführer der Sekte ist, denn wir haben das Manuskript verlegt.“ „Wie bitte?!“ fragte Götz ganz erschrocken. „Ja, verlegt. So was kommt in einem Verlag schon mal vor. Leider hatten wir dann auch noch Pech beim Druck. Es gab nur ganz wenige vollständige Exemplare. Wir dachten, wir könnten vielleicht per Suchanzeige an die vollständigen Exemplare kommen. Aber unsere PR-Abteilung hat uns von diesem Schritt abgeraten. Das sei zu peinlich. Sie sind übrigens der erste, der so hartnäckig war, dass er direkt hierher zum Verlag gekommen ist.“ „Aber…aber ich muss doch wissen, wer…wer der Anführer der Sekte ist!“, stammelte Götz. „Wenn Sie so hartnäckig sind, dann könnten sie es ja vielleicht schaffen, dass der Autor Ihnen das Ende verrät. Mit uns hat er den Kontakt abgebrochen. Ist beleidigt, dass wir sein Manuskript verlegt haben. Aber so etwas kann in einem Verlag schon mal vorkommen. Also ... der Autor wohnt unter folgender Adresse...“ Der Cheflektor sagte Götz nicht nur die genaue Adresse des Autors, sondern zeigte dem Topflappen auch auf dem Stadtplan, wie er am Besten dort hinkam. Außerdem gab er ihm den Tip, über das Küchenfenster ins Haus zu einzusteigen, da der Autor sehr, sehr zurückgezogen lebte. Der Cheflektor war fast aufgeregter als Götz, was die ganze Sache anbelangte. Verständlich, denn schließlich handelte es sich hier um einen echten Fall und nicht um einen literarischen Krimi, und so etwas hatte der Bücherwurm eben noch nie erlebt. Götz war genervt. Er wusste immer noch nicht, wer der Anführer der Sekte war. Mittlerweile war er fast sogar schon so weit zu sagen, dass es ihm egal sei und er ganz einfach nie wieder einen Krimi lesen würde. Aber als dieser Gedanke langsam durch seinen Kopf wanderte, kamen dem Topflappen doch Zweifel. Nie wieder einen Krimi? Das konnte er sich dann doch nicht vorstellen. Nein, das war unvorstellbar. Also, wie war noch einmal die Adresse, dachte er bei sich und machte sich auf den Weg.

...mehr gibt´s nächste Woche...

Wer alle Geschichten und eine CD möchte, einfach eine Mail an mich: irgendwasistimmer@gmx.de

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