Mittwoch, Oktober 27, 2004

U-Bahnfahrtengedankengänge

Ich gehöre noch zu den Menschen, die einen Walkman, also ein tragbares Kassettenabspielgerät mit Kopfhörern, nicht nur besitzen, sondern auch noch benutzen.
Traditionalist! höre ich die einen Schimpfen.
Ein Vorbild, würde mich die stark angeschlagene Musikindustrie nennen.
Was genau ich bin, außer ein Student, der einfach zu faul ist, seinen Computer aufzurüsten und sich einen handlichen mp3-Player zu kaufen, überlege ich mir immer wieder, wenn ich mit meinen leiernden Kassetten durch die U-Bahnröhren der bayrischen Metropole rausche und dabei versuche während der Fahrt irgendwas in der Dunkelheit zu erkennen.
Warum haben U-Bahnen eigentlich Fenster? Wegen der Aussicht?
Warum werden statt diesen nicht Plasma-Flachbildschirme eingesetzt, die Kühe beim grasen, Bayern beim trinken und Wolfsburger beim verlieren zeigen?
Fragen über Fragen...alles bei der Fahrt mit der U1 zwischen Rot-Kreuz-Platz bis St. Quirin Platz.
Manchmal bestimmt aber auch die Musik die Stimmung und was dabei rauskommt, könnt ihr jetzt im folgenden lesen. Ein nicht ganz klassischer Post auf meinen Blogspot.


Leben und Sterben wie ein Toastbrot im Regen
Kettcar, Landungsbrücken raus

Frei! Ja, frei! Gleich sollte er es sein. Die Umklammerung, den Käfig, die Enge verlassen haben. Frei von Zwang und Enge. Wieder leben, wie kurz nach der Geburt. Aufatmen, Luft atmen, unverbraucht und rein. Sonne spüren können in jeder Pore.
Freiheit.
Fast hatte er es geschafft. Halb war er aus der Umklammerung gelöst. Schon streifte ihn ein kühler Wind. Aber ganz war es noch nicht vollbracht. Er fühlte die Umklammerung wie sie wieder enger wurde, je mehr er sich der Freiheit näherte. Dabei war er ihr bereits so nahe. Seine Ohren. Die Taubheit war verflogen. Die Geräusche seiner Umwelt waren auf einmal klar und deutlich. Die fahrenden Autos, die Schritte der Menschen auf der Straße und er mitten drin. Mittendrin und frei.
Endlich. Er hatte sich endlich restlos befreit. War nun allein und unbeschwert dort, wo das Leben tobte. Stand mitten auf der Straße oder vielmehr auf einem Radweg. Er fühlte seinen Körper befreit von der Last der Enge. Weitete, richtete sich auf und erkannte das Gefühl wieder. Freiheit. Es war schön. Einmal hatte er es schon gefühlt. Kurz nach seinem ersten Atemzug, als er die Welt noch als seine eigene Welt kannte. Er blickt sich um. Begann die Kühle des Asphalts zu spüren. Nackt war er. Wie der Asphalt, aber auch frei. Neben ihm lag ein Stück Papier. Ein Einkaufszettel. Daneben ein Apfel.
Es fing an zu regnen. Sein erster Regen seit langem, seit erster Regen überhaupt. Leise nieselte es und er sah wie die Schrift des Einkaufszettels langsam verschwamm. Auf dem Apfel perlten die Tropfen ab, hin und wieder bekam auch er einen Spritzer ab. Er wandte den Blick. Um ihn herum lagen verstreut Bananen, aufgeplatzte Nudelpackungen, Brokkoli, Salatköpfe, ein Tetrapack, aus dem langsam die Milch sickerte. Ein Fahrrad lag über alldem auf dem Asphalt. Der Regen wurde stärker.
Er merkte wie er müde wurde. Sein Körper wurde schlaff. Er sackte zusammen, erschöpft von seinem Drang nach Freiheit, aus der Dunkelheit heraus, aus der Enge, legte er sich auf den kalten, nassen Boden. Das Wasser drang durch ihn durch. Langsam entwich ihm die letzte Kraft. Regungslos lag er da. Aus der Ferne sah er blinkende, blaue Lichter auf ihn zukommen. Sirenen hallten. Menschen riefen. Hektik. Er allein, blieb still. Die Lichter kamen näher.
Der Rettungswagen hielt direkt neben ihm auf dem Radweg. Er versucht sich noch einmal aufzuraffen und fort zu kriechen, aber er war zu schwach. Die Tür öffnete sich. Ein Sanitär sprang heraus. Er war tot.

„Komm! Da drüben liegt er!“, rief ein anderer.
„Komm ja schon! Aber, wäh! Bin grad in n Scheibe Toastbrot getreten. Hab jetzt den ganzen Brei am Schuh“
„Jetzt komm, da drüben siehts nicht gut aus. Der ist schon völlig durchnässt!“
Der Sanitäter streifte die aufgeweichte Brotscheibe, die sich aus der Plastikhülle befreit hatte, von der Sohle, kickte mit einem leichten Tritt den Rest der aufgeplatzten Packung American Toast in die Büsche und machte sich an die Arbeit.

Auf den Schultern von Riesen

Jetzt hab ich es geschafft: Eine meiner Karikaturen ist erstmals in einer richtigen Zeitung erschienen. Es ist eine Hommage an das geniale K...